die Europäische Zentralbank feiert ihr 25-jähriges Bestehen in geldpolitisch unruhigen Zeiten. Ihr früherer Chef Jean-Claude Trichet rechnet damit, dass die Notenbank auch längerfristig mit höheren Teuerungsraten kämpfen wird. Im Interview mit dem Handelsblatt nennt er dafür drei konkrete Gründe: „Erstens wird die Globalisierung nicht mehr für niedrigere Kosten und Preise sorgen wie in den vergangenen zehn Jahren.“ Er rechne nicht mit einer Deglobalisierung, aber es werde einen Trend zur Absicherung gegen die Risiken zu weiter globaler Wertschöpfungsketten geben.
Der zweite Grund sei die wachsende Ungleichheit, derzeit schon stark sichtbar in den USA. Dort seien die Einkünfte der unteren Einkommensklassen in den vergangenen zehn Jahren kaum gestiegen. Aber auch außerhalb der USA sei der Eindruck weitverbreitet, dass die unteren Einkommensschichten nicht fair behandelt werden. „Dies könnte zu steigenden Nominallöhnen und damit zu mehr Druck auf die Preise führen“, so Trichet. „Zum Beispiel, indem die Mindestlöhne weiter erhöht werden.“
Der dritte Grund sei die Notwendigkeit, die Wirtschaft klimafreundlicher zu gestalten. Dabei sorge die grüne Transformation der Wirtschaft nicht nur für höhere Preise, sondern auch für höhere Zinsen, da massive zusätzliche Investitionen erforderlich seien.
Aktionäre dürfen sich in diesem Jahr wieder über hohe Dividenden freuen. Vor allem Autobauer, Banken und Ölförderer haben bereits begonnen, ihren Anteilseignern Milliarden auszuschütten. Besonders freigiebig zeigen sich bisher Firmen in den USA. Auch in Europa ist die Hauptversammlungssaison in vollem Gang, von der gute Nachrichten erwartet werden.
Viele Unternehmen zeigen mit hohen Dividenden, dass sie das schwierige Jahr 2022 recht gut weggesteckt haben. So rechnet der britische Fondsanbieter Janus Henderson in einer Studie mit Rekordausschüttungen für 2023 von weltweit 1,64 Billionen US-Dollar. Die Auswertung liegt dem Handelsblatt vor. Allerdings werde sich der Anstieg der Dividenden infolge des Konjunkturabschwungs verlangsamen, warnen die Fondsmanager. Gleichwohl dürften diese Erträge auch langfristig für mehr Stabilität im Depot sorgen.
Dividenden erfüllen für Anleger mehrere Funktionen: Einerseits bringen sie laufendes Einkommen ähnlich den Zinserträgen von Anleihen. Zugleich können die Ausschüttungen die Rendite im Depot stabilisieren, wenn die Kurse wie im vergangenen Jahr absacken.
Seit der Rettung der Credit Suisse im März herrscht am Markt für eigenkapitalähnliche Anleihen große Unsicherheit. Die meisten Geldhäuser haben es seitdem vermieden, sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) zu begeben. Doch nun ist die DZ Bank mit der ersten großen Emission in Deutschland seit der Credit-Suisse-Rettung vorgeprescht. Das Frankfurter Institut sammelt mit einer AT1-Anleihe mehr als eine Milliarde Euro ein und zeigt damit, dass die Refinanzierung über dieses Instrument für stabile Geldhäuser weiter möglich ist.
Möglicherweise trägt Deutschlands zweitgrößte Geschäftsbank so auch zur Öffnung des rund 250 Milliarden Euro schweren AT1-Marktes in Europa bei. Ursprünglich wollte die DZ Bank bei ihren Eigentümern, den Volks- und Raiffeisenbanken, bis zu 850 Millionen Euro einsammeln. Wegen der hohen Nachfrage habe der Vorstand das Gesamtvolumen der Emission jedoch auf 1,143 Milliarden Euro angehoben, schrieben die Co-Chefs Cornelius Riese und Uwe Fröhlich in einem Brief an die Vorstände der Genossenschaftsbanken.
„Über die hohe Nachfrage aus Ihren Häusern nach unseren AT1-Anleihen haben wir uns sehr gefreut“, heißt es in dem Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt. „Alle Zeichnungswünsche werden in voller Höhe zugeteilt.“
Aktien des indischen Mischkonzerns Adani Group erleben nach dem Kurseinbruch von Ende Januar aktuell eine Rally. Alle zehn Einzelaktien des Konglomerats stiegen am gestrigen Dienstag an der Börse in Mumbai, die Holdinggesellschaft Adani Enterprises mit 13 Prozent am stärksten. Für die Hafensparte „Adani Ports and Special Economic Zone Limited“ ging es zeitweise um 7,8 Prozent auf bis zu 785,65 Rupien aufwärts, umgerechnet 8,77 Euro. Damit ist sie die erste der Adani-Aktien, die ihre Verluste seit dem Kurseinbruch egalisiert hat.
Auslöser für die Verluste war ein Bericht des Shortsellers Hindenburg Research gewesen, welcher der Gruppe Betrug und Kursmanipulationen vorgeworfen und auf fallende Aktienkurse gesetzt hatte. Er hat dadurch vom Kursabsturz profitiert, der genaue Gewinn ist unbekannt.
Die Adani-Gruppe hat sich in Indien in den vergangenen Jahrzehnten von einem Kohleimporteur zu einem der größten Konglomerate des Landes entwickelt. Neben Kraftwerken betreibt sie unter anderem Flughäfen und Fernsehsender. Gründer Gautam Adani war mit einem Vermögen von 120 Milliarden Dollar zeitweise der drittreichste Mann der Welt.
Fast 70 Prozent hat die Lufthansa-Aktie in den vergangenen drei Jahren gewonnen. Damit hat sie alle anderen Airline-Aktien deutlich abgehängt und ist jetzt sogar wieder ein Kandidat für den Aufstieg in den Dax. Über die Zusammensetzung ihrer Indizes entscheidet die Deutsche Börse turnusgemäß am 5. Juni nach US-Börsenschluss. Bei der Juni-Überprüfung ziehen nur die Unternehmen neu in einen Auswahlindex ein, die sich an der Börse besonders gut entwickelt haben.
Um in den Dax der 40 größten deutschen Unternehmen aufzusteigen, muss der Börsenwert aller Aktien im Streubesitz mindestens auf Rang 33 aller rund 220 Unternehmen liegen, die sich prinzipiell für die Aufnahme in einen Index eignen. Die Lufthansa liegt nach Berechnungen der Stifel Europe Bank in der Börsenrangliste derzeit auf Platz 35.
Um den Aufstieg in den Dax zu schaffen, müsste die Lufthansa-Aktie laut Indexexperte Luca Thorißen bis Ende Mai um mehr als zehn Prozent steigen. Weichen müssten aus dem Dax in diesem Fall aus aktueller Sicht der Reifenhersteller Continental oder der Online-Modehändler Zalando.
P.S.: Wissen Sie eigentlich, was die anhaltende Inflation und Zinswende für Ihr Geld bedeutet? Über die aktuellen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt und deren Folgen für Anlegerinnen und Anleger, spricht Moderatorin Carolin Roth mit Handelsblatt-Autor Hans-Jürgen Jakobs und dem Chef-Anlagestrategen der Deutschen Bank Dr. Ulrich Stephan bei der nächsten digitalen Folge von Handelsblatt Investment Live am 12.Juni. Melden Sie sich jetzt kostenfrei an und stellen Sie den Expertinnen und Experten Ihre Fragen unter:
handelsblatt.com/Investmentlive
Wie gefällt Ihnen Ihr Newsletter? Sagen Sie uns, womit Sie zufrieden sind und wo wir noch besser werden können. Wir nutzen Ihr Feedback, um Ihren Newsletter stetig zu verbessern.
Handel in Asien: Die Anleger scheuen mangels eines Durchbruchs beim Streit um die US-Schuldenobergrenze das Risiko. Nach der jüngsten Rally Japan drückten vor allem Gewinnmitnahmen den Nikkei-Index. Er lag im Verlauf 1,1 Prozent tiefer bei 30.624 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank um 0,4 Prozent und lag bei 2152 Punkten. Die Börse in Shanghai lag 0,5 Prozent im Minus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen verlor 0,5 Prozent.
Ifo-Geschäftsklima: Anleger und Analysten warten auf den Ifo-Geschäftsklimaindex für den Monat Mai. Von Reuters befragte Analysten rechnen im Schnitt mit einem Rückgang auf 93,0 Punkte von 93,6 Zählern im April. Im April war das Barometer den sechsten Monat in Folge gestiegen.
Hauptversammlungen: Das Dax-Mitglied Zalando lädt zur Hauptversammlung. Daneben stehen bei einer Reihe weiterer deutscher Unternehmen aus der zweiten Reihe Aktionärstreffen auf dem Tagesplan. Dazu gehören Teamviewer, Adva Optical Networking, Lanxess, New Work, Vossloh und Puma. Darüber hinaus präsentiert die im MDax geführte CTS Eventim Quartalszahlen.
Nvidia-Zahlen: Der US-Konzern legt Geschäftszahlen vor. Nvidia ist einer der größten Hersteller von Chips und Grafikprozessoren. Mit den hohen Erwartungen an Anwendungen Künstlicher Intelligenz hat sich der Aktienkurs in diesem Jahr mehr als verdoppelt.
Fed-Protokolle: Vom Protokoll der vor drei Wochen abgehaltenen Sitzung der US-Notenbank erhoffen sich die Finanzmarktakteure weitere Einblicke in die künftige Geldpolitik. An den Märkten halten sich Spekulationen, dass die Fed im weiteren Jahresverlauf die Zinsen sogar wieder senken könnte.
Milliarden Schweizer Franken an Vermögen verwaltet das Züricher Geldhaus Julius Bär. Das ist zwar ein Plus von 3,5 Milliarden in den ersten vier Monaten des Jahres – der erhoffte Zustrom von Credit-Suisse-Kunden ist aber weitgehend ausgeblieben. Analysten hatten im Vorfeld spekuliert, dass die Traditionsbank ein doppelt so hohes Wachstum einfahren könnte.
Christian Olearius (81), lange Zeit Vorstandsvorsitzender und später Aufsichtsratschef sowie Gesellschafter der Privatbank M.M. Warburg, muss vor Gericht. Die Anklage lautet auf schwere Steuerhinterziehung in Höhe von knapp 280 Millionen Euro. Hintergrund ist die Cum-Ex-Affäre. Bundesweit gibt es gut 120 Verfahren und mehr als 1500 Beschuldigte in der Sache.
Nach Informationen des Handelsblatts soll die Hauptverhandlung gegen Olearius am 18. September vor der 13. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn beginnen. Den Vorsitz führt Richterin Marion Slota-Haaf, nachdem ihr Vorgänger Edgar Panizza wegen Befangenheit abgesetzt worden war. Zunächst hat das Gericht bis zum 22. März 2024 28 Verhandlungstage angesetzt.
Wenn Menschen schwierige Entscheidungen treffen, hören sie oft auf ihr Bauchgefühl. Zurecht, sagt die Psychologin Claudia Christ. Die Intuition sei oft ein guter Ratgeber – wenn man im Umgang mit ihr sicher und geübt sei. Für Business Insider hat sie aufgeschrieben, wann und warum man sich auf das Bauchgefühl verlassen kann, und wie sich die Intuition trainieren lässt.
Wie zufrieden sind Sie mit dem heutigen Newsletter?
Mit Handelsblatt Meine News können Sie unserer Berichterstattung zu den Themen folgen, die Sie am meisten interessieren.
Spannende Podcasts und Wirtschaftsnachrichten zum Anhören finden Sie hier.
Fügen Sie bitte die E-Mail-Adresse finance.briefing@redaktion.handelsblatt.com Ihrem Adressbuch oder der Liste sicherer Absender hinzu. Dadurch stellen Sie sicher, dass unsere Mail Sie auch in Zukunft erreicht. Weitere hilfreiche Informationen zu unseren Newslettern finden Sie in unserem FAQ. Informationen zum Datenschutz finden Sie hier.