die US-Notenbank Fed lässt sich trotz des jüngsten Bankenbebens nicht vom Zinserhöhungskurs abbringen. Sie erhöhte den Schlüsselsatz am gestrigen Mittwoch um einen Viertel Prozentpunkt – auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent. Noch Anfang 2022 lag er bei nahe Null. Obwohl eine deutliche Zinserhöhung vor einigen Wochen noch als wahrscheinlich gegolten hatte, war aktuell nach dem Kollaps mehrerer US-Banken offen gewesen, welchen Weg die Fed einschlagen würde. Im Februar hatte die Notenbank ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent angehoben.
Es habe Überlegungen gegeben, die Zinsen unverändert zu lassen, räumte Powell ein. Doch da die Inflation höher und der Arbeitsmarkt stärker war als erwartet, hatten sich die Geldpolitiker dazu entschlossen, an ihrem Kurs festzuhalten.
Wir haben in den Tagen vor dem Treffen eine Zinspause in Betracht gezogen.
Jerome Powell, Fed-Chef
Die weiteren Schritte ließen die Notenbanker indes offen. Weitere Zinserhöhungen „könnten angemessen sein“, erklärte Powell. Für Investoren ist das ein willkommenes Signal, dass die Fed mit ihren Zinserhöhungen schon bald am Ende sein könnte. Einige Ökonomen rechnen damit, dass dies bereits der letzte Zinsschritt in diesem Zyklus gewesen sein könnte.
Lange Jahre waren Fonds für Venture Capital (VC) vom Erfolg verwöhnt. Doch jetzt droht den Investoren, die ihr Geld mit Beteiligungen an jungen Technologiefirmen verdienen, eine schmerzhafte Zäsur. Nachdem die Bewertungen der Neugründungen jahrelang gestiegen waren, dürfte die aktuelle Krise an den Märkten deutliche Wertberichtigungen erzwingen.
Vor allem Risikokapitalfonds, die in den Boomjahren zu Beginn des Jahrzehnts viel Kapital in technologielastige Start-ups gesteckt haben, stehen vor Korrekturen. Die Stimmung in der Branche ist schlecht, und dazu trägt auch die neuerliche Bankenkrise in den USA bei, vor allem der Kollaps der auf Tech-Finanzierungen spezialisierten Silicon Valley Bank (SVB).
„Venture-Capital-Fonds, die 2021 das meiste Geld investiert haben, werden sicherlich Bewertungskorrekturen vornehmen müssen. Das war ohne Zweifel der Gipfel der Bewertungen“, warnt Julian Riedlbauer, Partner bei der Technologieberatung GP Bullhound, im Gespräch mit dem Handelsblatt. So erkläre sich auch der hohe Wertberichtigungsbedarf bei Tiger Global, einem prominenten US-Fonds, der sehr aggressiv investiert habe. Tiger Global Management hat seine Investments durch seine VC-Fonds im vergangenen Jahr um 33 Prozent abgewertet, entsprechend einem Wertverlust von 23 Milliarden Dollar,
hatte jüngst das Wall Street Journal berichtet.
Gegen die vollständige Abschreibung spezieller Anleihen der Credit Suisse (AT1-Anleihen) im Zuge der Übernahme durch die UBS regt sich Widerstand. Die betroffenen Investoren, zu ihnen zählen nach Angaben der Agentur Bloomberg auch namhafte Investmentgesellschaften wie Pimco, Invesco und Bluebay, erwägen, gegen die Entscheidung rechtlich vorzugehen. Bei den AT1-Anleihen geht es um ein Volumen von 16 Milliarden Schweizer Franken.
Kanzleien wie die auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Quinn Emanuel oder in Frankfurt Nieding + Barth beschäftigen sich derzeit mit den Möglichkeiten gerichtlicher Verfahren. Vertreter von Quinn Emanuel kündigten allerdings bereits in einem ersten Überblick über die rechtlich „sehr komplexe und neue Situation“ an, die Interessen betroffener Investoren bündeln zu wollen.
Das Bankendrama in der Schweiz beschädigt den Ruf des Schweizer Frankens und drückt dessen Kurs. Gegenüber dem Euro hat der Franken in der vergangenen Woche knapp 1,4 Prozent verloren. Die Schweizer Währung galt bislang vielen als sicherer Hafen, nun wird sie nicht mehr nur mit Stabilität und Stärke assoziiert – sondern auch mit der Bankenkrise. „Der sichere Hafen Franken erleidet dadurch zumindest kurzfristig einen Dämpfer“, sagt Karsten Junius, Chefökonom der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin. Die Märkte hätten ein Stück Vertrauen in den Finanzplatz verloren.
Junius zufolge besteht die Gefahr, dass der Franken von der Unsicherheit, die in den vergangenen Tagen auf den Kapitalmärkten geherrscht hat, angesteckt werden könnte. Andere Marktexperten sind hingegen optimistischer. Schon zeitnah stehen wichtige Entscheidungen der Schweizer Nationalbank (SNB) bevor, die die Währung beeinflussen dürften.
In dieser Woche bewegte sich der Wechselkurs kaum noch, nachdem am Wochenende die UBS ihre Konkurrentin Credit Suisse auf Geheiß der Schweizer Regulatoren aufkaufen musste. „Es ist aber nicht auszuschließen, dass die SNB den Franken am Montag durch Devisenhandel gestützt hat“, sagt Junius.
Das Geschäft mit neuen Baufinanzierungen in Deutschland dürfte nach einem schwachen Jahresstart auf niedrigem Niveau stagnieren. „Wir gehen davon aus, dass das Neugeschäft bis Mitte des Jahres schwach bleibt. Womöglich wird das Volumen im Februar und im März noch unter dem Niveau vom Januar liegen“, sagt Tomas Rederer, Partner der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC.
Neben den höheren Zinsen sorge das aktuelle Branchenumfeld dafür, dass Banken ein Stück weit vorsichtiger würden, erwartet Rederer. „Das wird Finanzierungen etwas einschränken, wir erwarten aber keine umfassende ‚Kreditklemme‘“. Im Fall einer sogenannten Kreditklemme kommen selbst Interessierte mit guter Bonität nicht ausreichend an Darlehen.
Das Neugeschäft mit privaten Immobilienkrediten ist in Folge der Zinswende bereits eingebrochen. Nun dürfte es zusätzlich durch die jüngste Bankenkrise gedämpft werden. In den ersten Monaten 2022 wurden noch besonders viele neue Baufinanzierungen – darunter viele vorzeitige Verlängerungen – vergeben, danach sackte das Geschäft angesichts der deutlich gestiegenen Bauzinsen ab.
Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank, der Rettung der Credit Suisse und den heftigen Kursschwankungen an den Börsen suchen viele Anleger nach risikoärmeren Investments. So rücken die Papiere von Unternehmen aus dem Bereich Infrastruktur in den Fokus. Dazu zählen beispielsweise Energieversorger oder Telekommunikationsunternehmen, aber auch Mautstraßenbetreiber oder Müllentsorger.
In der Vergangenheit zählten diese Unternehmen zu den Krisengewinnern, sagt Kristina Chorna, Leiterin Infrastruktur beim Vermögensverwalter HQ Trust: „In Phasen mit niedrigem BIP-Wachstum und hoher Inflation schlug sich der Bereich besonders gut.“ Denn steigende inflationsbedingte Kosten und Zinsen werden meist durch vertragliche Vereinbarungen, Regulierung oder Preissetzungsmacht an die Kunden weitergegeben. In Gesprächen mit dem Handelsblatt haben Experten erklärt, auf welche Branchen und Einzeltitel sie aktuell besonders schauen.
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Handel in Asien: Die Anleger in Asien ziehen sich nach dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed vor dem Hintergrund der Bankenturbulenzen aus den Märkten zurück. Der Nikkei-Index lag im Verlauf 0,2 Prozent tiefer bei 27.400 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank um 0,4 Prozent und lag bei 1954 Punkten. Die Börse in Shanghai lag 0,1 Prozent im Minus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen gewann 0,3 Prozent.
Unternehmen legen Quartalszahlen vor: In Deutschland legen mehrere Unternehmen aus dem Nebenwerteindex MDax und dem Kleinwerteindex SDax Zahlen vor. Unter anderem Pro Sieben Sat 1, CTS Eventim und Nemetschek. Für die Anleger dürfte wichtig werden, wie der Ausblick der Unternehmen ausfällt.
Zinsentscheide: Die britische Notenbank gibt um 13 Uhr deutscher Zeit ihren Zinsentscheid bekannt. Die Inflation ist in Großbritannien weiter hoch, die Arbeitslosenquote niedrig. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) sowie die norwegische und türkische Notenbank entscheiden über ihre weitere Geldpolitik. Bei der SNB dürfte es spannend sein, ob sie die hohe Inflation mit einer kräftigen Zinserhöhung bekämpft oder auf Bedenken hinsichtlich einer übermäßigen Verschärfung der finanziellen Bedingungen reagiert.
Neue US-Arbeitsmarkt-Zahlen: Am Nachmittag um 13.30 Uhr deutscher Zeit kommen frische Zahlen vom Jobmarkt in den USA. Wie viele neue Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche gestellt wurden, gilt als Zeichen dafür, wie stark die jüngsten Zinserhöhungen die Wirtschaft belasten.
Prozent Plus– die Aktie des US-Videospielehändler Gamestop ist am gestrigen Mittwoch mit einem Kurssprung in den Handel an der Wall Street gestartet, nachdem das Unternehmen im abgelaufenen Quartal einen Gewinn von 48,2 Millionen Dollar erzielen konnte. Allerdings ist der Gewinn vor allem auf Kostensenkungen und eine Reduzierung der Personalkosten zurückzuführen.
Nagel: Kampf gegen Inflation ist noch nicht vorbei
(Foto: Reuters)
Joachim Nagel (56), Präsident der Bundesbank, spricht sich ungeachtet der Sorge vor einer neuen Finanzkrise für weiter steigende Zinsen in der Euro-Zone aus. „Unser Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei“,sagte er der Financial Times.
Er habe nach wie vor den den Eindruck, dass „der Preisdruck in der gesamten Wirtschaft stark und breit angelegt ist“, sagte Nagel. Mit Blick auf das Zinsniveau sagte er: „Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, aber wir nähern uns dem restriktiven Bereich.“ EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte, das höhere Zinsniveau beginne allmählich zu wirken. Ansteckungsrisiken für Europas Bankensektor sehe sie nicht.
Seit der Coronapandemie wird das Arbeiten von zu Hause steuerlich besonders gefördert. Doch das Finanzamt prüft penibel. Was Arbeitnehmer wissen sollten, wenn sie ihr Arbeitszimmer absetzen.
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