15.09.2023: Neue Heizung: Abwarten oder handeln? | Günstig energetisch sanieren | Herausforderung Holzbau
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Freitag, 15.09.2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bundestag hat nach langem Ringen am vergangenen Freitag das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen. Im Verlauf der öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Diskussionen hat die Bundesregierung einen entscheidenden Punkt im Gesetz ergänzt: Das GEG ist nun eng mit der kommunalen Wärmeplanung verknüpft. Erst wenn für ein Gebiet ein Plan zur künftigen Wärmeversorgung steht, gelten dort die im GEG festgeschriebenen Vorgaben zum Heizungstausch. Für die Wärmeplanung sollen die Kommunen abhängig von ihrer Größe bis Mitte 2026 oder 2028 Zeit haben.
Viele Hausbesitzer dürften froh sein, dass sie sich nun doch nicht sofort mit dem leidigen Thema Heizungstausch beschäftigen müssen. Nach dem Motto „Abwarten und Tee trinken“ ignorieren sie das Thema vorerst und hoffen auf mehr Planungssicherheit in ein paar Jahren. Warum das womöglich keine gute Strategie ist und selbst ein kommunal beschlossener Wärmeplan noch nicht rechtsverbindlich ist, erklärt unser erster Themenschwerpunkt.
In Bezug auf energetische Modernisierungen bereiten insbesondere die Kosten vielen Eigentümern Sorgen. Doch eine aktuelle Studie zeigt: Es braucht nicht immer den Komplettumbau, schon ein oder zwei Maßnahmen für einige Tausend Euro können die Energieeffizienz eines Gebäudes deutlich verbessern. Mehr dazu lesen Sie in der Rubrik „Energie & Klima“.
Neben Bestandsgebäuden sollen auch Neubauten nachhaltiger werden. Dafür setzt die Bundesregierung auf Holz als Baustoff. Denn Holz ist einer der wenigen Rohstoffe, die nachwachsen und dabei Kohlendioxid binden – ein großer Vorteil für das Klima. Doch sind unsere Wälder, die Baubranche und die deutschen Behörden schon bereit für das Bauen mit Holz? Dieser Frage geht meine Kollegin Simone Gröneweg in unserem zweiten Themenschwerpunkt auf den Grund.
Sollten Immobilien-Eigentümer den kommunalen Wärmeplan abwarten?
von Eva Kafke
Ein kommunaler Wärmeplan ist für Immobilieneigentümer eine Orientierungshilfe.
Investitionssicherheit bringen aber erst rechtsverbindliche Satzungen oder Verordnungen.
Wer nicht solange warten will, kann einige zusätzliche Informationen einholen, um die eigene Entscheidungsgrundlage für den Heizungsaustausch zu verbessern.
Wie lässt sich die eigene Immobilie klimafreundlich und möglichst günstig heizen? Das ist eine der zentralen Fragen, die Eigentümer in den kommenden Jahren beschäftigen wird. Sie müssen abwägen, ob es sich lohnt, in eine Wärmepumpe zu investieren oder ob sie auf eine Versorgung mit Fernwärme oder Wärme aus Abwasser
setzen. Die Entscheidung erleichtern soll das Mitte August vom Bundeskabinett beschlossene Wärmeplanungsgesetz (WPG). Denn anhand der Wärmeplanung können Eigentümer erkennen, welche vorrangige Wärmeversorgung ihre Kommune für das Gebiet, in dem sich die Immobilie befindet, in den Jahren 2030, 2035 und 2045 vorsieht. Der Wärmeplan zeigt beispielsweise, ob die Kommune an einem Standort ein Nah- oder Fernwärmenetz plant oder vorhat, das bisherige Gasnetz auf Wasserstoff umzurüsten.
Mit diesem Wissen, so die Idee des Gesetzgebers, können Eigentümer eine fundierte Entscheidung über die Heizungserneuerung treffen. Das kann Eigentümer dazu verleiten, sich zurückzulehnen und abzuwarten, befürchtet Lothar Nolte, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen. „Dabei wird schnell übersehen, dass Jahre vergehen, in denen die Energieeffizienz der Gebäude verbessert und damit auch die Betriebskosten verringert werden könnten“, sagt er.
Langwieriges Verfahren zur kommunalen Wärmeplanung
Schließlich ist die Wärmeplanung nach den Vorgaben des WPG ein komplexer Prozess. „Der Planungsprozess selbst bis zur Beschlussfassung des Gemeindeparlaments über den Plan dauert durchschnittlich zwölf Monate“, berichtet Kai Mainzer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens greenventory aus Freiburg. Der Dienstleister hat für über 50 Kommunen in mehreren Bundesländern Wärmepläne erstellt.
Erst einzelne Vorreiter wie Bruchsal oder Rostock haben einen flächendeckenden kommunalen Wärmeplan beschlossen und mit der Umsetzung begonnen. In den meisten Städten und Gemeinden hingegen ist nicht damit zu rechnen, dass der Plan deutlich vor der gesetzlichen Frist (Ende Juni 2026 beziehungsweise 2028) vorliegt. In einer Umfrage des Deutschen Städtetages gaben im Mai vier Prozent der Städte an, noch nicht mit der Wärmeplanung begonnen zu haben, 47 Prozent befanden sich in der Koordinierungsphase.
Der beschlossene Wärmeplan ist noch nicht rechtsverbindlich
Sobald das Kommunalparlament den Wärmeplan beschlossen hat, greifen für Eigentümer von Bestandsimmobilien die Regelungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG).
Dann dürfen nur noch Heizungen eingebaut werden, die mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Nur: „Der beschlossene Wärmeplan selbst ist nicht verbindlich. Im Rahmen des Wärmeplans und danach können die Städte aber Teilgebiete als Wärmenetzausbaugebiete per Satzung oder Verordnung erlassen. Erst dann entfalten diese entsprechende Rechtsverbindlichkeit“, erklärt Christine Wilcken, Beigeordnete des Deutschen Städtetages.
Erst mit den Satzungen haben Eigentümer also endgültige Sicherheit, was ihre Investitionsplanungen angeht. Wann die vorliegen müssen, schreibt das WPG nicht vor. „Solange es noch keine rechtsverbindliche Wärmeplanung gibt, heißt es für Eigentümer von Wohngebäuden erstmal abzuwarten“, sagt Torsten Flomm, Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbandes Hamburg. „Sie können die Zeit aber immerhin sinnvoll nutzen und sich schon mal umfassend informieren, welche Wärmepumpe bei ihrem Gebäude unter welchen Voraussetzungen in Frage käme.“
Hausbesitzer müssen künftig klimafreundlich heizen. Die kommunale Wärmeplanung soll die Entscheidung für eine Wärmepumpe oder den Anschluss an ein Wärmenetz erleichtern. (Foto: dpa)
Wahrscheinlichkeit für die Versorgung mit Nah- oder Fernwärme abschätzen
Immerhin sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die Kommunen in einem frühen Stadium der Wärmeplanung prüfen, ob sich ein Gebiet überhaupt für ein Wärme- oder Wasserstoffnetz
eignet. Sobald eine Kommune die Eignung nach der Vorprüfung ausschließt, hätten die Gebäudeeigentümer in einem solchen Gebiet Klarheit, betont Christine Wilcken. Die Eigentümer müssen sich also in jedem Fall um eine individuelle technologische Lösung kümmern, etwa eine Wärmepumpe. Über den jeweils aktuellen Stand der Planung können sich Eigentümer in den amtlichen Bekanntmachungen der Kommune und beim Bauamt erkundigen.
Nicht immer wird die Versorgung mit Fern- oder Nahwärme bereits in der Frühphase der Wärmeplanung ausgeschlossen. Wer nicht abwarten will, für welche Art der Versorgung sich die Kommune am Ende des langwierigen Prozesses entscheidet, kann schon früher aktiv werden „Gebäudeeigentümer können anhand des baulichen Umfeldes versuchen abzuschätzen, ob ihr Haus in einem künftigen Wärmenetzgebiet liegt“, schlägt Kai Mainzer vor. „In einer Einfamilienhaussiedlung neuerer Baujahre ist die Wahrscheinlichkeit beispielsweise deutlich geringer als in einem innerstädtischen Wohngebiet mit vielen älteren Mehrfamilienhäusern.“
Liegt das eigene Haus mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Gebiet, das nicht an Nah- oder Fernwärme angeschlossen wird, ist es überlegenswert, nicht auf den fertigen Wärmeplan samt Beschlussfassungen und Satzungen zu warten und dafür womöglich aufwendige Übergangslösungen zu installieren. Eigentümer können frühzeitig die Heizung tauschen, Betriebskosten sparen und zum Klimaschutz beitragen. In dichtbebauten innerstädtischen Wohngebieten ist der Einbau einer Wärmepumpe hingegen unter Umständen schwierig. Dort kann es sinnvoll sein, auf den Wärmeplan zu warten und auf ein Wärmenetz zu hoffen.
Unterschiedliche Geschwindigkeit beim Ausbau der Wärmenetze
Klar ist, dass es künftig mehr Fernwärmenetze geben wird. „Aber wir haben in noch keiner Kommune eine Zielquote gehört“, sagt Mainzer. Vielerorts sind die Versorger parallel zur Kommune bereits dabei, die Dekarbonisierung, Verdichtung und Erweiterung bestehender Netze vorzubereiten. Informationen dazu finden sich häufig auf den Internetseiten der Versorger.
Wie schnell sie die Netze ausbauen, hängt maßgeblich von den Kapazitäten im Tiefbau und den künftigen Energieträgern ab. „Wo regional Biomasse verfügbar ist, lässt sich ein Wärmenetzsystem relativ schnell umbauen. In Städten wie Hamburg mit sehr viel Großindustrie gibt es ein hohes Potenzial an unvermeidbarer Abwärme, die theoretisch ebenfalls zügig in die Erzeugung von Fernwärme integriert werden kann“, erklärt Andreas Klingemann, Abteilungsleiter Wärme beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Die Inbetriebnahme einer Großwärmepumpe hingegen sei mit mehr Aufwand verbunden, die Erschließung von Tiefengeothermie mit seismologischen Voruntersuchungen und Probebohrungen erst recht. „Selbst wenn die Umsetzung direkt nach der Erstellung des Wärmeplans beginnt, dauert es auf jeden Fall fünf bis zehn Jahre, bis die Netze ausgebaut sind“, schätzt Lothar Nolte. „Von heute aus betrachtet ist das beinahe die Lebensdauer einer Heizung.“
Jede fünfte Baufirma klagt über stornierte Projekte
Im August wurden so viele Wohnungsbauprojekte abgesagt wie seit über 30 Jahren nicht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Ifo Instituts unter Baufirmen. 20,7 Prozent der Unternehmen berichteten von stornierten Projekten – der höchste Wert seit Beginn der Ifo-Erhebung 1991. Die deutlich gestiegenen Baukosten und Zinsen für Immobilienkredite sorgen dafür, dass viele Bauvorhaben nicht mehr zu den ursprünglich geplanten Kosten realisierbar sind. Mehrere Entwickler von Immobilienprojekten mussten bereits Insolvenz anmelden, andere kämpfen um Liquidität.
Dem Ifo Institut zufolge meldeten im August 11,9 Prozent der Unternehmen im Wohnungsbau Finanzierungsschwierigkeiten. Auch das ist seit 1991 ein Höchststand. Während einige Betriebe gut gefüllte Auftragsbücher haben, beklagten 44,2 Prozent der Befragten einen Auftragsmangel. Im Vorjahreszeitraum waren es lediglich 13,8 Prozent. Julia Rieder
Balkonkraftwerke
Kabinett beschließt Änderung im Mietrecht
Mieter und Wohnungseigentümer sollen es künftig einfacher haben, eine Mini-Solaranlage auf ihrem Balkon zu installieren. Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschlossen, demzufolge die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte künftig zu den sogenannten privilegierten Maßnahmen gehört. Damit können Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht mehr grundsätzlich verbieten, dass ein Balkonkraftwerk angebracht wird. Sie haben aber weiterhin ein Mitspracherecht, wie das Gerät am Haus installiert wird. Die Neuregelung gehört zu mehreren Reformen
, die die Erzeugung von Solarstrom, etwa auf dem heimischen Balkon, attraktiver gestalten sollen.
Mit demselben Gesetz will die Bundesregierung außerdem die Möglichkeit rein virtueller Eigentümerversammlungen einführen. Stimmen drei Viertel der Eigentümer dafür, können die Versammlungen für maximal drei Jahre online stattfinden. Bislang ist das nur möglich, wenn alle Eigentümer zustimmen. Das Gesetz muss noch vom Bundestag verabschiedet werden. Julia Rieder
Vermietung
Frist zur Prüfung von Gasheizungen in Mehrfamilienhäusern läuft ab
Bis zum 30. September müssen Eigentümer von Mehrfamilienhäusern mit mindestens zehn Wohneinheiten ihre Gaszentralheizung fachmännisch überprüfen und auf Energieeffizienz optimieren lassen. Dabei ist auch ein sogenannter hydraulischer Abgleich Pflicht. Er soll dafür sorgen, dass sich die Wärme gleichmäßig und effizient im Haus verteilt und weniger Energie zum Heizen gebraucht wird.
Gebäude, deren Heizsysteme bereits derartig überprüft wurden, sind von der Pflicht ausgenommen. Dasselbe gilt, wenn innerhalb von sechs Monaten ein Heizungstausch oder eine substanzielle Wärmedämmung des Hauses bevorsteht. Die genannten Pflichten beruhen auf einer Verordnung der Bundesregierung und gelten auch für Nichtwohngebäude mit mindestens 1000 Quadratmetern beheizter Fläche. Eigentümer von Häusern mit sechs bis neun Wohneinheiten haben bis zum 15. September 2024 Zeit. Julia Rieder
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Auch wenn öffentlich mitunter heftig über die Energiewende gestritten wird, sehen die meisten Menschen durchaus deren Notwendigkeit. Das zeigen aktuelle Umfrageergebnisse aus dem Energiewendebarometer der staatlichen Förderbank KfW. Knapp neun von zehn Haushalten (88 Prozent) stünden hinter dem Projekt Energiewende, heißt es. Im Vorjahr lag der Wert bei 89 Prozent. Insgesamt wurden 4000 Haushalte repräsentativ befragt.
Fast jeder dritte Haushalt nutzt bereits eine Energiewendetechnologie. In absoluten Zahlen seien das rund 13 Millionen Haushalte, schreibt die KfW. Das sind 1,2 Millionen mehr als im Vorjahr. Am häufigsten handelt es sich um Photovoltaikanlagen (zwölf Prozent), Wärmepumpen und Solarthermieanlagen (jeweils zehn Prozent). Vorreiter sind einkommensstarke Haushalte.
Als Knackpunkt bei der Umsetzung von Energiewendemaßnahmen empfinden viele Immobilieneigentümer die Kosten. So gaben 41 Prozent an, dass sie sich die Investitionen nicht leisten könnten. Das gilt für Dämmungen, aber auch den Einbau neuer Fenster bis hin zur Anschaffung einer Photovoltaikanlage.
So wundert es nicht, dass die geplante Gebäuderichtlinie der Europäischen Union (EU) hierzulande für reichlich Diskussionsstoff sorgt. Die soll unter anderem Eigentümer verpflichten, schlecht isolierte Gebäude in den kommenden Jahren auf ein bestimmtes Effizienzniveau zu sanieren – sogenannte Minimum Energy Performance Standards (MEPS).
Kritiker sprechen von einem Sanierungszwang, der viele Hauseigentümer finanziell überfordern würde. Ganz anders äußert sich nun die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). Sie hat das Beratungsunternehmen Guidehouse mit einer Studie beauftragt. Danach könnten Eigentümerinnen und Eigentümer schlecht isolierter Gebäude
in der Regel durch eine oder zwei einfache und kostengünstige Maßnahmen oder die Nutzung einer Wärmepumpe die aktuell diskutierten Anforderungen erfüllen. Zu den einfachen Maßnahmen zählten etwa die Optimierung von Heizungseinstellungen und der Wärmeverteilung oder kostengünstige Verfahren zur Einblasdämmung von Außenwänden, Dachböden oder abgehängten Kellerdecken, schreibt die DENEFF in einer Mitteilung.
„Für den in Deutschland häufigsten Wohngebäudetyp innerhalb der schlechtesten Wohngebäude, ein Einfamilienhaus der Nachkriegszeit, fallen laut den Berechnungen Investitionen zwischen wenigen Tausend Euro für eine Maßnahme und unter 15.000 Euro bei zwei Maßnahmen an, um die MEPS zu erfüllen“, heißt es. Immer wieder wird spekuliert, dass die notwendigen Sanierungen sehr viel teurer ausfallen könnten. Darum betont die DENEFF, dass diese Summen weit unter den zuletzt kolportierten Kosten im sechsstelligen Bereich lägen, die in Folge einer angeblich geplanten EU-Pflicht zu umfassenden Sanierungen inklusive Heizungstausch anfallen würden. Simone Gröneweg
Blüht uns ein grünes Wirtschaftswunder? Der Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft verlangt der Industrie, aber auch vielen Verbrauchern hohe Investitionen ab. Aus Sicht von Bundeskanzler Olaf Scholz soll das dazu führen, dass wir mit Wachstumsraten „wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er- und 60er-Jahren“ rechnen dürfen. Doch stimmt das? Fragt man Vertreter von Greentech-Unternehmen, könnte diese Prognose durchaus eintreffen. So gibt sich etwa Sophia Rödiger, Chief Marketing Officer des Start-ups 1Komma5 Grad, im Podcast Handelsblatt Green&Energy optimistisch. Jetzt reinhören.
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(Fotos: Getty Images; Montage: Handelsblatt)
Mehrfamilienhäuser
Höhere Mieten, niedrigere Kaufpreise
Die Wohnungssuche wird für Mieter schnell zu einer finanziellen wie zeitlichen Herausforderung – vor allem in den angespannten Märkten der deutschen Großstädte. Eigentümer von Wohn- und Geschäftshäusern können davon wirtschaftlich profitieren: Die Mieten steigen weiter, zeigt der Report Residential Investment 2023/24 des Beratungshauses Colliers. Die Kaufpreise würden sich nach einem deutlichen Rückgang stabilisieren.
So sind die Kaufpreise für sogenannte Zinshäuser mit mindestens 1000 Quadratmetern in den 50 größten deutschen Städten seit Mitte 2022 im Durchschnitt um 17 Prozent gesunken und erreichten das Niveau von 2018. Mit weiteren Preisrückgängen sei aber nicht zu rechnen, heißt es in dem Bericht. Das erklärt Felix von Saucken, Head of Residential Germany bei Colliers, mit dem Wohnungsmangel in Deutschland, der sich aufgrund des lahmenden Neubaus weiter verschärfe.
So dürften nach Angaben des Wohnungswirtschaftsverbands GdW in diesem Jahr nur 242.000 neue Wohnungen entstehen, 2024 nur 214.000 – und damit deutlich weniger als die von der Bundesregierung angestrebten 400.000 Einheiten. Dagegen steigt die Zahl der Haushalte bis 2040 kontinuierlich – laut einer Prognose des Statistischen Bundesamts (Destatis) sollen es dann 42,6 Millionen sein, 2020 waren es 41,4 Millionen. Das knappe Angebot bei anhaltend starker Nachfrage sorge für steigende Mieten im Bestand, und die verhinderten wiederum einen weiteren Rückgang der Kaufpreise, so von Saucken. „Die Talsohle ist vielerorts erreicht.“
Die Mieten sind dagegen in der ersten Jahreshälfte im Durchschnitt der 50 Städte im Bestand um zwei Prozent und im Neubau um vier Prozent gestiegen. In den sieben größten Städten Berlin, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf, Köln, München und Stuttgart zahlten Mieter im Bestand vier Prozent mehr, im Neubau sechs Prozent.
Trotz der kontinuierlich steigenden Mieten kommen die Autoren des Reports zu dem Ergebnis, dass sie im Durchschnitt bezahlbar sind. Zwar verteuerten sich die Neuvertragsmieten für eine 95 Quadratmeter große Wohnung in den sieben Top-Städten in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt um rund 55 Prozent. Allerdings verbesserten sich auch die Haushaltseinkommen im gleichen Zeitraum um 32 Prozent, schreiben die Autoren. In der Korrelation aus Wohnmiete und Haushaltseinkommen ergibt sich für 2022 eine durchschnittliche Mietbelastungsquote von rund 30 Prozent. Vor zehn Jahren lag sie bei etwa 25 Prozent.
Andere Branchenvertreter sind allerdings der Meinung, dass die Mieten vor allem in der Kombination mit den gestiegenen Energiekosten viele Haushalte an ihre finanzielle Belastungsgrenze bringen. „Der Standpunkt, dass Mieten im Schnitt noch bezahlbar seien, gehört nicht zu den populärsten in Deutschland“, sagt Felix von Saucken. Nüchtern betrachtet könne eine Mietbelastungsquote von 30 Prozent aber als zumutbar gelten.
Die Situation für Haushalte mit niedrigen Einkommen dürfte sich auch nach Ansicht des Wohnungsmarktexperten weiter verschlechtern. Immobilienbranche und Politik müssten hier gemeinsam Lösungen finden. „Insgesamt haben Investoren von Zinshäusern jedoch nach wie vor sehr gute Aussichten, die passenden Mieter für ihre Objekte zu finden“, sagt von Saucken. Katja Bühren
Wie der Rohstoff Holz die Wohnungskrise bewältigen soll
von Simone Gröneweg
Die Bundesregierung hat eine Holzbau-Initiative gestartet, um die Wohnungskrise zu bewältigen. Das Holz dafür soll auch aus deutschen Wäldern kommen.
Doch der Klimawandel setzt den Wäldern zu. Etwa 500.000 Hektar sind seit 2018 verloren gegangen.
Die Baubranche und die deutschen Genehmigungsbehörden stellt das Bauen mit dem Rohstoff Holz vor einige Herausforderungen.
Der Dürremonitor Deutschland zeigt das Dilemma deutlich. In vielen Regionen ist es zu trocken. Was die Landkarten des Monitors im Internet farblich simulieren, hat für den deutschen Wald gravierende Folgen. Seit 2018 sind etwa 500.000 Hektar verschwunden. „Das entspricht in etwa zweimal der Größe des Saarlands“, sagt Nils von Schmidt, Co-Leiter Land & Forst beim Immobilienberater Colliers.
Deutschland besteht zwar fast zu einem Drittel aus Wald – das sind etwas mehr als elf Millionen Hektar. Aber die Trockenheit, der Borkenkäfer und Stürme setzen den Bäumen zu. Manche Naturschützer plädieren dafür, viele Waldflächen möglichst sich selbst zu überlassen, damit sie sich erholen. Doch der Wald ist auch ein Wirtschaftsfaktor, denn er liefert Holz. Im vergangenen Jahr waren es etwa 70 Millionen Kubikmeter, zehn Millionen davon wurden ins Ausland exportiert.
Mit Holzbau gegen den Wohnungsmangel
Künftig wird Holz als Rohstoff begehrter werden. Ende Juni beschloss das Bundeskabinett eine Holzbau-Initiative, um die Wohnungskrise zu bewältigen. Um mehr bezahlbaren und guten Wohnraum zu schaffen, wolle man das serielle und modulare Bauen verbessern. Holz eigne sich dafür besonders gut, erklärte Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Derzeit liegt die Holzbauquote im Ein- und Zweifamilienhausbau bei 26 Prozent, im mehrgeschossigen Wohnungsbau unter fünf Prozent. Bis zum Jahr 2030 soll sie deutlich erhöht werden.
Große Vorzeigeprojekte aus Holz gibt es bereits – zum Beispiel das Roots in Hamburg. Es verfügt über 19 Geschosse und 128 Wohnungen. Das Hochhaus ist mit 65 Metern das höchste Holzgebäude Deutschlands. Der Architekt Georg Nunnemann hat das Projekt als Leiter der Projektentwicklung bei Garbe Immobilien-Projekte 2016 angeschoben. „Damit mehr Bauten aus Holz entstehen, muss sich hierzulande viel ändern“, sagt Nunnemann. „Wir haben schließlich über mehrere Generationen mit Stein und Beton gebaut.“ Diese Bauweise sei fest verankert, erzählt er. Das gelte etwa für die Inhalte im Architekturstudium. Die Behörden hätten ihre Genehmigungsverfahren auf Beton- und Steinbauten ausgelegt. „Das alles
muss man aufbrechen, damit der Holzbau sich wirklich durchsetzt“, sagt der Architekt und Projektentwickler.
In der Regel erstellen Firmen Gebäude aus Nadelholz. Hubert Speth, Waldbesitzer und Professor für Holzwirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, hält die dominierende Bauweise mit sogenanntem Brettsperrholz für nicht sehr effizient. Dabei werden Nadelholzbretter zu Wänden, Decken und Böden verleimt und am Ende oftmals Löcher für Türen und Fenster herausgefräst. „Es wäre sinnvoll, verstärkt auf Holzrahmenbau umzusteigen, der effizienter mit dem Rohstoff Holz umgeht“, sagt Speth.
Bislang wachsen vor allem Fichten und Kiefern in deutschen Wäldern. Das wird sich künftig ändern. „Insbesondere Fichten leiden unter Wassermangel. Der Anteil der Laubbäume wird also zunehmen“, prognostiziert Speth. „Bauen mit Laubholz gilt als zu teuer, ist aber grundsätzlich möglich. Wir brauchen mehr Forschungsprojekte dazu, wie wir zukünftig mit Laubholz bauen können“, fordert Speth.
Der Rohstoff Holz wird begehrter, denn künftig sollen in Deutschland mehr Gebäude aus Holz entstehen. (Foto: Thomas Warnack/dpa)
Der Holzmarkt ist europäisch geprägt
Das heimische Holz befinde sich vor der Haustür, sagte Bundesbauministerin Geywitz bei der Präsentation der Initiative. Zwar gibt es in Deutschland noch viel Wald, aber ganz so einfach ist es doch nicht. „Das Holz kommt nicht automatisch aus dem Nachbarwald“, weiß Nunnemann aus Erfahrung. Etwa die Hälfte des Waldbestandes befindet sich in öffentlicher Hand, der Rest ist in Privatbesitz. Oft sind es nur kleine Parzellen, die sich gar nicht richtig bewirtschaften lassen.
Die großen Holzunternehmen kommen vor allem aus Österreich und Skandinavien, agieren aber europaweit. „Österreichische Firmen besitzen zum Beispiel Sägewerke in Deutschland. Deutsche Unternehmen wiederum kaufen in Skandinavien Werke auf, weil es dort noch große Nadelholzwälder gibt“, erzählt Waldexperte Hubert Speth und ergänzt: „Es gibt im Prinzip keinen reinen deutschen Holzmarkt, sondern einen mitteleuropäischen, wenn nicht sogar europäischen Holzmarkt. Alle sind miteinander vernetzt.“ So hat Deutschland im ersten Halbjahr dieses Jahres sechs Millionen Kubikmeter Nadelholz exportiert. Größter Abnehmer war Österreich mit 800.000 Kubikmetern. Gleichzeitig importierte Deutschland mehr als drei
Millionen Kubikmeter, wobei fast 600.000 Kubikmeter aus Österreich kamen.
Die Experten sind sich zwar einig, dass die Wälder in Mitteleuropa in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich noch genügend Holz liefern, um damit zu bauen. Doch eine Unsicherheit gibt es: den Klimawandel. Eigentlich müssten die verloren gegangenen Flächen aufgeforstet werden. Vielen Forstbetrieben fehlt dafür jedoch das Geld. Einen Hektar aufzuforsten, könne durchaus etwa 10.000 Euro kosten, sagt Colliers-Forstexperte von Schmidt.
Rohstoff Holz: Aufforsten kostet viel Geld
Was Aufforsten angesichts des Klimawandels bedeutet, hat auch Forstprofessor Speth erfahren. Er bepflanzte vor zwei Jahren eine anderthalb Hektar große Fläche mit verschiedenen Baumarten. „Die sind alle im vergangenen Jahr wegen Trockenheit eingegangen“, erzählt er. Im März dieses Jahres wiederholte er die Aktion. Bis Juli vertrockneten die Pflanzen erneut. Insgesamt hat Speth bereits 16.000 Euro investiert, zum Beispiel auch in einen Zaun zum Schutz vor Wild. Er bekommt zwar staatliche Zuschüsse für die Aufforstung. Das Geld muss er aber zurückzahlen, wenn in fünf Jahren auf der Fläche die geförderten Bäume nicht angewachsen sind. Und danach sieht es momentan aus.
Der Durchschnittspreis für einen Hektar Wald lag nach Angaben von Colliers zuletzt im Schnitt bei knapp 13.000 Euro, hängt aber im Einzelfall von der Lage und der Standortqualität ab. „Bei der Bewertung von Waldflächen werden aktuell nur die Holzproduktion und stellenweise die Jagd berücksichtigt“, erklärt Eckbrecht von Grone, Co-Leiter Land & Forst beim Immobilienberater Colliers. Dass der Wald den Wasserhaushalt reguliert, Kohlendioxid speichert und Sauerstoff produziert, spielt bei der Preisbildung noch keine Rolle. Die beiden Forstexperten von Colliers sagen darum ganz klar: „Wald ist unterbewertet.“
… ihrer Arbeitszeit verbringen die Deutschen im Homeoffice. Das zeigt eine Unternehmensumfrage des Ifo Instituts. Allerdings sind nur knapp die Hälfte aller Stellen mit dem Homeoffice vereinbar. Können die Beschäftigten zuhause arbeiten, tun sie das im Schnitt 1,5 Tage pro Woche. Vor allem in der IT-Branche verzichten Arbeitnehmer auf den Gang ins Büro – sie arbeiten fast zwei Drittel der Arbeitszeit von zuhause.
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