Gedrückte Stimmung nach dem Urteil aus Karlsruhe (v.l.): Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) (Foto: AP)
für die Finanzpolitik der Regierungskoalition war gestern ein schwarzer Tag. Für die politische Kultur in Deutschland ein guter. Mit seinem Urteil zum sogenannten Klimafonds hat das Bundesverfassungsgericht der Ampel-Unsitte Einhalt geboten, in Krisenjahren milliardenschwere „Sondervermögen“ anzulegen (die in Wahrheit nur aus zusätzlichen Schulden bestehen), dieses Geld dann erst in den Folgejahren auszugeben und es bei Bedarf auch noch umzuwidmen – im konkreten Fall von der Coronahilfe zum Klimaschutz.
In Zukunft muss der Bundeshaushalt wieder stärker abbilden, was der Bund im entsprechenden Jahr einnimmt und ausgibt. Für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik kann das nur gut sein.
Aber leben wir fortan unter der Knute der Schuldenbremse, wenn wir die Begrenzung der Neuverschuldung im Grundgesetz nicht schleunigst schleifen? Die parawissenschaftlichen Vorfeldtruppen der Ampel wollen uns das zwar glauben machen. Doch tatsächlich erlaubt die Schuldenbremse in Artikel 109 des Grundgesetzes großzügige Ausnahmeregeln für Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen und sonstige Notsituationen.
Deutschland führt in der Ukraine faktisch einen Stellvertreterkrieg mit Russland, muss seinen wichtigen Energieträger Pipelinegas ersetzen und zugleich international bindende Klimaschutzverpflichtungen erfüllen. Begründungen, mit denen sich auch 2024 die Schuldenbremse aussetzen ließe, gibt es genug. Allerdings muss die Bundesregierung das dann auch aufs Neue politisch begründen.
Was die Ampel in Zukunft nicht mehr kann: Sich in einem Jahr auf Vorrat mit Kreditermächtigungen vollzusaugen, um sich dann im nächsten Jahr für einen ausgeglichenen Haushalt feiern zu lassen.
Hier die Handelsblatt-Berichterstattung zum Karlsruher Schulden-Urteil:
Wo wir gerade schon bei der Gasversorgung waren: Der Preis für Erdgas ist innerhalb eines Monats um rund 15 Prozent gesunken, von über 56 Dollar pro Megawattstunde auf knapp 47 Dollar. Doch einen Grund zur Entwarnung für deutsche Gaskunden sieht Handelsblatt-Rohstoffexpertin Judith Henke darin nur bedingt – der Gaspreis könnte auch in diesem Winter kurzfristig deutlich steigen. Die vier Risikofaktoren aus ihrer Sicht:
Die nach wie vor volatile Belieferung Deutschlands mit Flüssiggas
Die begrenzten Gasspeicher in Deutschland, die nicht auf einen ungewöhnlich kalten Winter ausgerichtet sind
Der höhere Verbrauch gegenüber 2022, als die Republik noch fleißig Gas gespart hat
Mögliche Produktionsausfälle im Nahen Osten durch eine Ausweitung des Gaza-Kriegs
Der UN-Sicherheitsrat hatte monatelang um eine gemeinsame Position zum Gaza-Krieg gerungen. (Foto: dpa)
Zu diesem Krieg im Gaza-Streifen hat der Weltsicherheitsrat gestern eine Resolution mit der Forderung nach tagelangen Feuerpausen angenommen. Nach langem Ringen einigte sich das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen (UN) am Mittwoch in New York auf den gemeinsamen Beschluss. Die USA verzichteten auf ein Veto und enthielten sich, genauso wie Russland und Großbritannien. 12 der insgesamt 15 Mitgliedstaaten stimmten für den Text. Resolutionen des Sicherheitsrats sind im Gegensatz zu jenen der UN-Vollversammlung völkerrechtlich bindend.
Die von Malta eingebrachte Resolution verlangt unter anderem „dringende und ausgedehnte humanitäre Pausen und Korridore im gesamten Gazastreifen für eine ausreichende Anzahl von Tagen“, um humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Es ist aber nicht die Rede von einem formalen Waffenstillstand.
Israel lehnt längere humanitäre Feuerpausen im Gaza-Krieg ab, solange 239 Geiseln in der Gewalt der islamistischen Terrororganisation Hamas sind. Diese Position bekräftigte das israelische Außenministerium am Mittwochabend als Reaktion auf die Gaza-Resolution.Jetzt Artikel lesen...
Treffen in San Francisco: US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping (Foto: AP)
US-Präsident Joe Biden hat zum Auftakt seines Treffens mit Chinas Staatschef Xi Jinping in der Nähe von San Francisco dazu aufgerufen, den Wettbewerb zwischen beiden Ländern nicht in einen Konflikt ausarten zu lassen. Xi wiederum sprach von der „wichtigsten bilateralen Beziehung der Welt“ und machte zugleich klar, was er von westlichen Belehrungen hält:
Es ist unrealistisch, dass eine Seite die andere umgestaltet, und Konflikt und Konfrontation haben unerträgliche Folgen für beide Seiten.
Nach ihren Gesprächen wollen Biden und Xi am Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft in San Francisco teilnehmen. Jetzt Artikel lesen...
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Fahrzeugübergabe im Vatikan (v.l.n.r.): Dr. Marcus Osegowitsch, CEO der Volkswagen Group Italia, Papst Franziskus, Imelda Labbé, Volkswagen Vorständin für Vertrieb, Marketing und After Sales, Dr. Christian Dahlheim, CEO der Volkswagen Financial Services AG (Foto: Volkswagen AG)
Die katholische Kirche in Europa und die Elektroautos von Volkswagens ID-Baureihe haben einiges gemeinsam. Beide haben Probleme, ausreichend Menschen zu begeistern. Beide kämpfen mit einer begrenzten Reichweite. Und beide gelten im Vergleich zur Konkurrenz als ziemlich spaßbefreit. Da erscheint es folgerichtig, dass VW nun die Fahrzeugflotte des Vatikans elektrifizieren soll. Anfang 2024 liefert der Autobauer nach eigenen Angaben knapp 40 Modelle seiner ID-Familie gen Rom, weitere Elektromodelle sollen folgen.
Der wahre Grund, warum sich die Kurie für VW entschieden hat, dürfte ein anderer sein: Wikipedia sagt mir, die Abkürzung „ID“ stehe in christlichen Kreisen für „Intelligent Design“. Eine Lehre, laut der das Leben auf der Erde einen intelligenten Urheber haben muss. Dieses Konzept vom gottgleichen Schöpfer allen Seins dürfte wiederum jenen Volkswagen-Beschäftigten vertraut vorkommen, die Ferdinand Piëch noch persönlich erleben durften.
Ich wünsche Ihnen einen Tag, an dem Ihre Batterie durchhält.
Herzliche Grüße
Ihr
Christian Rickens Textchef Handelsblatt
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